Kieferprobleme belasten auch den Rücken bis in die Füße.

   

veröffentlicht im Naturheilkunde Journal Januar 2014

Nicht immer sind Verspannungen Schuld an Rückenschmerzen. Sogar eine Fehlstellung der Zähne und Kiefer kann der Auslöser sein. Auch die Füße gehören in diese Betrachtung.So kann z.B. ein Senkfuß oder Spreizfuß durch eine kieferorthopädische Korrekturmaßnahme als Nebeneffekt mitgeheilt werden. Der fanzösische Arzt Bricot hat über den umgekehrten Weg über spezielle Schuheinlagen bewiesen, dass Fehlstellungen im Kieferbereich behandelbar sind. Hilflos erduldet so mancher Patient chronische Schmerzen in Kopf, Nacken und Rücken, weil auch Besuche beim Hausarzt und Orthopäden keine Besserung bringen. Schuld kann eine Fehlstellung und Funktionsstörung des Kiefers sein, die den Betroffenen harmlos erscheint, jedoch genau diese Beschwerden auslöst. Experten sprechen dann von einer Craniomandibulären Dysfunktion oder kurz: CMD. Cranium ist das lateinische Wort für Schädel, Mandibula bedeutet Unterkiefer und Dysfunktion heißt Fehlfunktion. „Schwindel, Migräne, meist einseitige Schmerzen in den Bereichen Stirn, Kiefergelenk, Ohren und Nacken sowie an der Wirbelsäule stellen typische Symptome dieser Krankheit dar“, erklärt Dr. A.-Meric Prause, Kieferorthopäde aus Delmenhorst. Störung mit Dominoeffekt Zahnfehlstellungen, eine unregelmäßige Zahnanatomie, schlecht sitzender Zahnersatz wie auch übermäßiges Knirschen und Beißen im Schlaf führen zu einer starken Belastung der Kiefergelenke. Eine „Schieflage“ des Kiefers kann entstehen, die das gesamte craniomandibuläre Gefüge beeinträchtigt: Das fein austarierte Zusammenspiel von Zähnen, Kiefer, Sehnen, Muskulatur und Kiefergelenk ist aus dem Gleichgewicht geraten. Die Fehlstellung der Zähne und der „falsche Biss“ haben weitreichende Folgen, denn die Kaumuskulatur ist über den Schädel mit der Rückenmuskulatur verbunden. Wenn jeder Zahn nicht mehr den optimalen Kontakt mit dem Gegenzahn hat, Druck und Gegendruck also nicht mehr passen, versucht die Muskulatur des Kauapparates, das Ungleichgewicht auszugleichen. Diese ständige zusätzliche Anstrengung führt auf Dauer zu Verspannungen und Schmerzen im Kopf- und Nackenbereich. Schließlich strahlen sie in den gesamten Rücken aus. Da die Schmerzen in einer Kettenreaktion von oben nach unten auftreten, sprechen Spezialisten von einer „absteigenden Symptomatik“.Der Beginn ist immer im Kopf-Atlas-Gelenk. Eine dortige Fehlstellung führt dann über die Muskulatur, die Sehnen und Bänder zur Falschausrichtung der Wirbelkörper. Dies führt dann zu den oft beschriebenen Schmerzen in den einzelnen Abschnitten der Wirbelsäule. In der Folge ist dann eine mechanische Veränderung dafür verantwortlich, dass z.B. weichere Strukturen, wie ein Nerv belastet oder auch gequetscht werden und dadurch zu Schmerzen führen. Ob der Atlas „richtig“ steht, lässt sich einfach feststellen, indem man den Patienten den Kopf rechts und links drehen lässt. In der Regel ist es dann so, dass zu einer Seite hin die Drehung eingeschränkt ist. Besteht eine solche Belastung lange genug, kann sie auch zu nur schwer reversiblen Schäden führen.

Im Bereich der Zähne können solche muskulär-statischen Belastungen zu Veränderungen der Zahnstellung, der unterschiedlichen Abnutzung der Zähne, zu Kiefergelenksproblematiken führen. Diese haben dann in deren Folge gemäß der Zahn-Organ-Wechselbeziehungen ebenfalls „Beschädigungen auf der Strecke dieser Energielinien“ zu erwarten. Für eine gewisse Zeit kann der Körper solche Problematiken kompensieren. Aber ohne Behandlung geht eine solche Kompensation in einen dauerhaften Schaden über. Es entstehen dann nicht nur die örtlichen Probleme, sondern auch die regionären Disharmonien im Kopf-, Halsbereich sondern auch über die Fernwirkungen im gesamten Körper. Was ist in einem solchen Fall zu tun? Hier hilft nur ein ganzheitliches Konzept, welches nur dann zum Erfolg führt, wenn es in mehreren Stufen „abgearbeitet“ wird. Eine „Erste Hilfe-Maßnahme“ ist eine Aufbißschiene. Aber schon hier ist die Wahl der Schiene wichtig.

Es nützt wenig oder ist gar kontraproduktiv, wenn eine Schiene aus Hartplastik oder gar Metall inkorporiert wird. Eine solche Schiene wirkt wie eine Brechstange, mit der ich das Kiefergelenk mal rechts, mal links „aushebele“. der Schaden wird sich vergrößern. Wenn das Gelenk bis dahin noch nicht beschädigt war, wird es spätestens dann Schaden erleiden. Sinnvoll ist nur eine resiliente Schiene aus Weichplastik im Unterkiefer. Warum? Die geringe Nachgiebigkeit in dieser Schiene lässt erstens die Kiefergelenke nicht mehr aushebeln und zweitens lernt das Unterbewusstsein z.B. die Parafunktionen: Pressen, Beißen, Reiben der Zähne gegeneinander zu unterlassen, da nicht genügend Druck aufgebaut werden kann, der zur „Gegendruckmaßnahme“ führt. Auch wenn sich dies im 100stel Millimeterbereich abspielt, ist es für das feinsinnige Beißsystem so, als ob es ins “Leere“ beißt. Drittens hinterlässt der leichte Beißdruck/Reibedruck in der Schiene Abdrücke an verschiedenen Stellen der Schiene. Der bewegliche Unterkiefer sucht sich aus den ihm zur Verfügung stehenden Beißmustern das aus, was in diesem Moment den geringsten Widerstand leistet. Es findet eine „Entstressung“ statt.

Bei der ersten Kontrolluntersuchung nach ca. 14 Tagen wird mittels Blaupapier geprüft, wo die Druckstellen auf der Schiene sind. Die Eindrücke sind dann verschieden intensiv gefärbt, je nachdem wie hoch der Druck ist. Nun wird vorsichtig subtraktiv die Blaufärbung weggeschliffen. Die Beißprobe mit dem Blaupapier wird mehrmals wiederholt, bis an allen Druckstellen auf der Schiene die gleich intensive Färbung ist. Danach wird der Patient nach weiteren vier Wochen des Tragens der Schiene wiedereinbestellt. Die Einschleifmaßnahme wird wie beim ersten Mal wiederholt. Meist kann der Patient schon von den ersten Therapierfolgen berichten, dass z.B. muskuläre Verspannungen sich verbessert haben. Diese Maßnahme wird drei bis vier Mal wiederholt, wobei sich die Abstände auf sechs Wochen bis zwei Monate zwischen dem einzelnen Einschleifen verlängern sollten.

Wenn dann nach dieser Zeit eine muskuläre Ruhelage über die Kieferrelation gefunden wurde, können alle anderen Maßnahmen initiert werden, als da wären prothetische Maßnahmen, kieferorthopädische Maßnahmen, muskuläre Trainigngsmaßnahmen zur Stabilisierung der Muskulatur und damit der Gesamtstatik.

Als sehr hilfreich während der Schieneneinschleiftherapie hat sich Craniosakraltherapie und Osteopathie erwiesen. Ich halte es in meiner Praxis so, dass ich am gleichen Tag, wo das Einschleifen stattfindet den Patienten bitte, vorher zur Osteopathie zu gehen, um danach auf die neue Muskellage das Einschleifen an der Schiene vornehmen zu können. Dies hat den Vorteil, dass die neue Muskellage über die Schiene für längere Zeit erhalten bleibt und somit therapeutisch zusätzlich wirkt.

Bei Kopf-Atlas-Gelenk-Problemen schicke ich meine Patienten zu einem speziellen Atlastherapeuten (Biomechaniker), der dann den Atlas wieder in seine richtige Position bringt. Ohne Atlaskorrektur ist keine CMD zu beherschen.

Im Rahmen dieser Therapie ist es auch wichtig, sich mit den Zahnfüllungs- und Zahnersatzwerkstoffen des Patienten zu befassen. Eine Galvanik im Munde ist in jedem Fall für jede muskelregulierende Therapiemassnahme hinderlich, weil sie Verspannungen eher induzieren als sie zu lösen.

Es gibt einige Patienten, die mit dieser Schienentherapie nicht zum endgültigen Therapieziel kommen. In diesem Fällen empfehle ich dann die Bionatortherapie. Mit dieser kieferorthopädischen Maßnahme erreiche ich in über 90% der Fälle einen Erfolg, da sich im Rahmen dieser Therapie auch weitere Parameter dauerhaft zum Heilerfolg hin ändern.

In einigen Fällen ist es auch angebracht eine psychologische Evaluation anzuraten. Dies kann man aber über einen Lüscher-Test herausfinden, sofern man sich damit auskennt.

Die CMD erkennen
„Eine CMD kann sich bei jedem Menschen ganz unterschiedlich auswirken Es wird geschätzt, dass etwa zehn Prozent der Deutschen unter CMD-bedingten Symptomen wie Kopf-, Nacken-, Ohren- oder Gelenkschmerzen sowie Schwindel leiden. Im Vergleich zu Männern seien Frauen wesentlich häufiger betroffen. Dabei können auch psychosoziale, hormonelle und genetische Faktoren eine Rolle spielen. Sie müssen bei der Diagnose ebenfalls in Betracht gezogen werden.

Auf Signale des Körpers achten
Experten empfehlen Personen mit Rückenschmerzen, besonders aufmerksam auf erste Anzeichen einer möglichen CMD zu achten. "Typische Symptome sind eine eingeschränkte Kieferöffnung, Zahnfehlstellungen, die zu Problemen mit dem Aufeinanderpassen des Ober- und Unterkiefers führen, sowie ausstrahlende Schmerzen im Mund- und Gesichtsbereich", weiß Dr. A.-Meric Prause. Auch knackende Geräusche der Gelenke beim Kauen und Öffnen bzw. Schließen der Kiefer gelten als Vorboten der Folgeschäden von Kieferfehlstellungen. Wenn zudem einseitige Verspannungen und Beschwerden in den genannten Körperregionen in Kombination mit diesen Symptomen auftreten, dann sollten Betroffene nicht nur zum Orthopäden gehen, sondern außerdem auch zu einem zahnmedizinischen Facharzt.

Durch sogenannte genaue Untersuchungen wie zum Beispiel eine Funktionsdiagnostik des Kiefergelenks soll sich angeblich klären lassen, ob eine CMD die Schmerzen verursacht. Dies ist natürlich nicht so, denn das Kauorgan ist ein System, welches mehrdimensional orientiert ist. Jeder Mensch hat etwa 3000 verschiedene Beißmuster in „seinem Central-Computer“ gespeichert, die jedes für sich gesehen eine andere Kieferstellung, eine andere Spannung in den gnathovertebralen Muskeln, eine andere Kiefergelenkstellung erzeugen usw. das Zusammenspiel all dieser Faktoren bewirkt dann die teilsschmerzhafte Dysfunktion. Hier glauben machen zu wollen, mit einer einzigen Messung alle Faktoren zu berücksichtigen, halte ich für schlichtweg mutig. Man muß also um die „möglichst große Anzahl“ der verschiedenartigsten Faktoren „einzufangen“ etwas einsetzen, was diese Dinge speichert. Dies habe ich oben beschrieben.

 

 
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